Leseprobe_Tittel_Anatomie_lowres - page 51

23.2 Haut- (oder Tast-) Sinnesorgane
(Cutis)
423
23
In der dünnen
hellen, durchschimmernden Schicht
(Stratum lucidum)
sind die basal gebildeten Epithelzel-
len, die ihre Zellkerne zum Teil bereits verloren haben,
deutlich abgeplattet. Ihr Zellleib ist nur noch schwach
färbbar.
Die tiefere, weichere Partie der Oberhaut wird von der
Basal- und Stachelzellschicht – auch als
Keimschicht
(Stratum germinativum)
bezeichnet – gebildet. Hier
entstehen zur Regeneration der Haut durch indirekte
Kernteilung fortlaufend neue Epithelzellen, die in der
Regel innerhalb von 28–30 Tagen zur Oberfläche hin-
wandern und dabei einen Verhornungsprozess durch-
machen (nachdem sie kernlos und damit nicht mehr
teilungsfähig geworden sind).
Des Weiteren werden in dieser Schicht der Oberhaut
Zellen angetroffen, die ein gelbes bis schwarzbraunes
Pigment, das
Melanin,
enthalten. Auf 1 mm
2
Oberhaut
kommen etwa 1000 Melanozyten. Sie bedingen im Zu-
sammenhang mit der Durchblutung, die vorrangig in
der Unterhaut erfolgt, die jeweilige Farbtönung der Haut
und durch UV-Licht, das die Synthese von Melanin in
den Melanozyten stimuliert, die Hautbräunung.
E
xkurs
 Fehlt das Melanin in der Haut, was auf einen angeborenen
Mangel an Tyrosinase, demFerment der Melanozyten, zurückzuführen
ist, dann kommt es zum sog. Albinismus.
23.2.2 Lederhaut (
Dermis
oder
Corium
)
Während bei den Kaltblütlern die Oberhaut der Leder-
haut
(
Dermis
oder
Corium
) glatt aufliegt, buckelt sich
letztere bei den Säugern mit sehr vielen blutgefäß- und
nervenreichen Bindegewebszapfen
(Coriumpapillen)
ge-
gen die Epidermis vor und verzahnt sie von innen her
fest (Papillarschicht =
Stratum papillare
)
.
K
linik
 Eine Trennung dieser beiden großen Hautabschnitte erfolgt
beispielsweise bei Verbrühungen oder Erfrierungen 2. Grades, indem
sich zwischen Ober- und Lederhaut Interzellularflüssigkeit ansammelt
und eine „Blase“ gebildet wird. Das Gleiche trifft für Blasen zu, die
man sich an den Fußsohlen nach längeren Wanderungen bzw. Orien-
tierungsläufen oder an den Innenhandflächen beim Turnen, Rudern
usw. geholt hat.
ImBereich der Beugeflächen der Hand und Finger sowie
der Fußsohle rufen die Papillen flache leistenförmige
Erhebungen, die Papillarlinien
,
hervor, denen die Epi-
dermis folgt und die selbst nach Verletzungen der Haut
über das ganze Leben hinweg unverändert bleiben.
E
xkurs
 Da sie ausgesprochen individuell angelegt sind, werden die
Papillarlinien (in Form der „Fingerabdrücke“) zu daktyloskopischen
Untersuchungen (zur Identifizierung einer Person) herangezogen.
Die Lederhaut besteht des Weiteren – insbesondere
in ihrer mittleren und unteren Schicht (Netzschicht
=
Stratum reticulare
) – aus einem zugfesten, scherengitter-
artig verflochtenen Bindegewebe (das bei Tieren durch
Gerben zu Leder verarbeitet wird), in das elastische Fa-
sern eingelagert sind. Die elastischen Fasern sorgen bei
einer Dehnung der Haut dafür, dass diese wieder in
ihre Ausgangslage zurückkehrt, eine Funktion, die mit
zunehmendem Alter – aber auch bei größeren Wasser-
verlusten und starker UV-Bestrahlung – verloren geht
(Faltenbildungen im Gesicht = „Krähenfüße“).
Außerdem ist die Lederhaut – die Farbtönung der Haut
bestimmend – sehr stark durchblutet (wobei ausgedehn-
te Kapillarnetze bereits beim Neugeborenen hin und
wieder als „Feuermal“ auftreten können) und enthält in
den Bindegewebszapfen sog.
Meissner-Tastkörperchen
(
Corpuscula tactus
; Abb. 23.2), die 50–200 µm lange
zarte ovale, von einer bindegewebigen Kapsel umgebene
Tastorgane
für feinste Druckempfindungen darstellen
und über Nervenbahnen die jeweilige Empfindung dem
Zentralnervensystem übermitteln.
K
linik
 Der beim Eröffnen einer Blase auftretende brennende
Schmerz ist auf die unmittelbare Berührung der Tastkörperchen mit
der kühlen atmosphärischen Luft zurückzuführen.
Kälte- und Mechanorezeptoren
sind sog.
Krause-End-
kolben
(in der Nähe der Tastkörperchen gelegen) und
Wärmerezeptoren
die tiefer in der Lederhaut liegenden
Ruffini-Körperchen
(lang gestreckte Knäuel von Ner-
venendigungen, von einer Bindegewebshülle umgeben).
In den unteren Partien der Lederhaut liegen zahlreiche
schlauchförmige, aufgeknäuelte ekkrine
Schweißdrüsen
(Gll. sudoriferae),
die ihre Absonderungen durch lange
Ausführungsgänge, die sich korkenzieherartig durch die
Leder- und Oberhaut hindurch winden, an die Oberflä-
che entleeren (Abb. 23.1).
Abb. 23.2 
Zwei Meissner-Tastkörperchen in den
Coriumpapillen
der Fingerkuppe. Hämatoxylin-Eosin-Färbung. 240:1.
1 = oberflächliche Hornschicht (Stratum corneum)
2 = unverhornte Keimschicht (Stratum germinativum)
3 = Meissner-Tastkörperchen
4 = Tastzelle
5 = bindegewebige Kapsel
1
2
3
4
5
3
1...,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50 52,53,54,55,56,57,58,59,60,61,...78
Powered by FlippingBook