20.6 Die großen Drüsen des Verdauungssystems
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dünnflüssige, gelbliche Lebergalle, die täglich in einer
Menge von 800–1000 ml gebildet wird, um das 8- bis
10-Fache zur dunkelgrünen, zähflüssigen (muzinhalti-
gen) Blasengalle eingedickt werden kann (s. o.). Nach
außen weist die Gallenblasenwand eine glatte Musku-
latur auf, deren Fasern ein Netz aus sich kreuzenden
teils schräg, teils längs verlaufenden Schraubentouren
bilden (Abb. 20.19), um die Dehnung der Gallenbla-
senwand bei starker Füllung sichern und durch kräftige
Kontraktion der Muskulatur die Entleerung vornehmen
zu können.
20.6.3 Bauchspeicheldrüse
(Pancreas)
Von einem Großteil des Magens verdeckt liegt in der
hufeisenförmigen Schlinge des ersten Dünndarmab-
schnitts ein schmales, etwa 15 cm langes, 4 cm breites
und 2–3 cm dickes, wie die serösen Speicheldrüsen auf
gebautes Organ: die seröse Bauchspeicheldrüse, die als
größte und wichtigste Drüse des Verdauungskanals täg-
lich 1200–2000 ml Sekret absondert.
An diesem unscheinbar grau aussehenden, 80–100 g
wiegenden Organ unterscheidet man vier Teile:
•
einen Kopf
(Caput),
der sich in die C-förmige
Duodenalschlinge einfügt,
•
einen vom Kopf ausgehenden, spitz zulaufenden
hakenähnlichen Fortsatz
(Processus uncinatus),
•
einen quer über den 1. und 2. Lendenwirbel ver-
laufenden Körper
(Corpus),
•
der schließlich in den Pankreasschwanz
(Cauda)
ausläuft, der bis zur linken Niere und zum Milz-
hilus reicht.
Die Bauchspeicheldrüse wird in ihrer gesamten Länge
von dem Ausführungsgang
(Ductus pancreaticus),
der
etwa in der Mitte des Organs verläuft, durchzogen. In
ihn münden (Abb. 20.20) von allen Seiten herantreten-
de kleinere Gänge der Pankreasläppchen, um so ihre
Sekrete – Amylasen für den Kohlenhydratabbau, Lipa-
sen zur Spaltung der Fette (in Glycerin und Fettsäuren)
und proteolytische Enzyme (Trypsin, Chymotrypsin)
zum Abbau der Proteine – über den etwa 2 mm dicken
Ausführungsgang, der ebenfalls im Bereich der „Vater-
Papille“ endet, in den Zwölffingerdarm zu entleeren.
In der Bauchspeicheldrüse lernen wir ein Organ kennen,
das nicht nur eine
äußere
(exokrine), sondern auch eine
innere
(endokrine)
Sekretion
hat, in dem inselartig in
das exokrine Drüsengewebe eingelagerte, gut durchblute-
te Zellhaufen (die sog. Langerhans-Inseln) zu beobachten
sind, an denen (mittels spezifischer Färbemethoden) zwei
Hauptzelltypen unterschieden werden können:
•• die das Hormon Glucagon bildenden A-Zellen und
•• die das Hormon Insulin produzierenden B-Zellen (die
die Hauptmasse der Inselzellen ausmachen).
Das Glucagon fördert die Glykogenolyse in der Leber,
erhöht damit kurzfristig den Blutzuckerspiegel und regt
dadurch zugleich die Abgabe des Insulins aus den B-
Zellen an, das seinerseits über die Förderung des Koh-
lenhydratstoffwechsels und den Aufbau von Glykogen
in der Skelettmuskulatur den Blutzuckerspiegel senkt.
Die Langerhans-Inseln – etwa 1,5 Millionen an der
Zahl und jeweils 100–200 µm groß – geben damit ihre
Hormone direkt in die Blutbahn ab. Wir sprechen in
diesem Zusammenhang deshalb auch von „Blutdrüsen“
oder endokrinen Organen, auf die im folgenden Kapi-
tel im Einzelnen eingegangen wird (
▶
Kap. 21.25 und
Abb. 21.3).
K
linik
Den großen Drüsen des Bauchraumes, insbesondere ihrer
Aufhängung wird das Problem des Seitenstechens zugeordnet. Die-
ses Stechen seitlich unterhalb der letzten Rippen ist aber in seinen
Ursachen bis heute nicht endgültig geklärt. Neben dem Zwerchfell
als Ursache (Verkrampfungen) werden ein Kapseldehnschmerz der
Leber und/oder der Milz sowie eine Minderdurchblutung dieser Or-
gane diskutiert. Auch eine zu schwache Bauchmuskulatur wird als
Ursache angeführt.
Abb. 20.20
Zwölffingerdarm
(Duodenum)
und Bauchspeicheldrüse
(Pancreas).
1 Schwanz der Bauchspeicheldrüse
(Cauda pancreatis)
2 Körper der Bauchspeicheldrüse
(Corpus pancreatis)
3 Gallengang
(Ductus choledochus)
4 obere Gekrösearterie
(A. mesenterica superior)
5 obere Gekrösevene
(V. mesenterica superior)
6 Bauchspeicheldrüsengang
(Ductus pancreaticus)
7 große Zwölffingerdarmpapille
(Papilla duodeni major )
8 kleine Zwölffingerdarmpapille
(Papilla duodeni minor)
9 Kopf der Bauchspeicheldrüse
(Caput pancreatis)
8
7
3
6
2
1
5
4
9