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Bewegungsabläufe im Sport: Muskelschlingen
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14.2.8 Ganzkörper-Streckschlinge bei einem
Ringer im Standkampf
Die Zweikampfsportart Ringen erfordert neben tech-
nisch-taktischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, Reakti-
ons- und Koordinationsfähigkeiten vor allem Kraftfä-
higkeiten, die große isometrische Anteile aufweisen. Der
Standkampf der Ringer ( Tafel 14.11 ) stellt eine Haupt-
technik des klassischen Ringkampfes, den „Wurf über die
Brust“, dar, der (zur Kennzeichnung der akzentuierten
Krafteinsätze) in vier Bewegungsphasen unterteilt wird:
•• Herantreten an den Gegner und Umfassen desselben,
•• Hochreißen des Gegners vom Boden und explosive
Kniegelenkstreckung,
•• schnellkräftiger „Bauchstoß“ nach vorn oben und
•• Streckung des Rumpfes nach hinten („Hohlkreuz-
spannung“), Abdrehbewegung und anschließender
Brückenfesthalte.
Bemerkenswert ist die große
Kraft,
mit der die muskuläre
Streckschlinge gegen die Körpermasse des Auszuheben-
den (und dessen aktiven Widerstand) wirksam werden
muss. Die Darstellungen ( Tafel 14.11 ) verdeutlichen
den Stellenwert der erforderlichen ringkampfspezifi-
schen
Schnell-
und
Explosivkraft
in der unmittelbaren
Griffsituation, die
eine erfolgbestimmende Größe
ist.
Weiterhin verdeutlicht die Streckschlinge, dass ihr Ein-
satz bis in die Zehenspitzen erfolgt, um einen möglichst
langen
Beschleunigungsweg
zu erzielen. Schließlich ist
die Gesamtkörperstreckung unmittelbar verbunden mit
dem kraftvollen Einsatz der „Antagonisten“, die – da
die Muskelschlinge an beiden Enden (Mattenoberflä-
che und Umklammerung des Gegners)
geschlossen
ist
– Ursprung und Ansatz miteinander
vertauschen
und
damit den Bewegungsablauf nicht bremsen, sondern
ihn schnellkräftig unterstützen. Dieses
Prinzip,
das in
den folgenden Bewegungsabläufen des Öfteren noch
angetroffen wird, liegt letzten Endes jedem erfolgreichen
(weil überraschend und mit großem koordiniertemMus-
keleinsatz ausgeführten) Wurf zugrunde.
K
linik
Im Ringen erfolgen Verletzungen zu 70% in der oberen Ex-
tremität mit Schultergürtel, zu 16%amKopf (Platzwunden) und zu 14%
in den Fußgelenken. Durch Pressgriffe können Rippenquetschungen
zwischen knorpeligen Rippenanteilen und Brustbein, Rippenfrakturen
nach Sturz mit gegnerischemKörpergewicht sowie Ellenbogengelenks-
und Fingerluxationen auftreten. Durch wiederholte tangentiale Schlag-
einwirkungen, die zur Verschiebung der Haut und des Perichondriums
gegen den Ohrknorpel und zu Blutungen zwischen den Schichten
führen, kann durch bindegewebige Verwachsungen eine bleibende
Verunstaltung des Ohrs entstehen („Pankratiastenohr“).
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Tafel 14.11
Standkampf im Ringen.